7. Baubeginn und Grundsteinlegung

Nach all den Turbulenzen wurde mit der „Allerhöchsten Entschließung vom 25. April 1893“ der Bau des 95. römisch-katholischen Gotteshauses in Wien endlich genehmigt und tags darauf ein Baukomitee unter Leitung von Wilhelm Freiherr Marx von Marxberg eingerichtet. Am 19. August 1893 erteilte dann auch die Statthalterei den sogenannten Baukonsens, wodurch unmittelbar darauf mit den Erdaushebungs- und Fundierungsarbeiten begonnen werden konnten.

Auch der Zeitpunkt der feierlichen Grundsteinlegung wurde dabei auf den ersten Samstag im Mai des Folgejahres (5. Mai) festgesetzt. Doch nach all den Problemen und Verzögerungen bei diesem Kirchenbauprojekt erscheint es fast nur natürlich, dass es auch diesmal wieder zu Überraschungen kommt. Denn da sich just an diesem Tag der Kaiser zur Taufe seines neugeborenen Enkels nach Schloss Lichtenegg begab wurde die Zeremonie auf den folgenden Mittwoch, 9. Mai 1894 verschoben. Wie diese ablief verbildlicht ein zeitgenössischer Zeitungsartikel des Neuigkeitsweltblatts vom 11. Mai 1894:

Der Akt der Grundsteinlegung gestaltete sich zu einer erhebenden Feier, an welcher alle Schichten der Bevölkerung des achten Bezirkes teilnahen. Der Festplatz, welcher auf den Fundamenten der neuen Kirche hergestellt war, zeigte reichen Flaggenschmuck. Mächtige, mit Wappen und Reisigfestons geschmückte Flaggenmaste umgaben den Platz, auf welchem sich rechter Hand ein Zelt für denKardinal-Fürsterzbischof Dr. Gruscha und die assistierende Geistlichkeit, linker Hand das Zelt für den Kaiser und in der Mitte ein Baldachin befanden, unter welchem der Altar errichtet war. Vor dem Altare befand sich die Höhlung, in welche der Grundstein eingemauert werden sollte. Im Kaiserzelt stand ein Gipsmodell der neuen Kirche und auf einem Tisch lag die Bauurkunde zur Verlesung und Unterzeichnung bereit.

 

Vor dem Festplatze an der Einmündung der Florianigasse in die Blindengasse erhob sich ein mächtiger, prachtvoll geschmückter Triumphbogen. Vor dem Eingange zum Festplatz hatten weißgekleidete Schulmädchen Aufstellung genommen. Alle Häuser ringsum prangten im Festschmucke und die den Platz umgebenden Tribünen waren von einem festliche gekleideten, zumeist aus Damen

bestehenden Publikum besetzt. Schon um 9 Uhr begann die Auffahrt der geladenen Gäste. (…) Vor der ersten Tribüne hatte der Josefstädter Männer-Gesang-Verein Aufstellung genommen. (…) Der Kaiser fuhr von der Hofburg über die Josefstädterstraße, den Albertplatz und die Florianigasse zum Festplatz. (…) Als der Kaiser präzise 10 Uhr vor dem Festplatze erschien, begrüßte ihn das massenhaft angesammelte Publikum mit brausenden Hochrufen. (…)

 

Der Kaiser wurde zu dem Hofzelte geleitet, wo Kardinal-Fürsterzbischof Dr. Gruscha folgende Ansprache an den Kaiser richtete: „Eure k. und k. apostolische Majestät! Die Feier der Grundseinlegung einer Pfarrkirche, die sich am heutigen tage abermals in huldvollster Gegenwart Eurer Majestät vollzieht, bildet den würdigsten Abschluss einer seit mehr als fünf Dezennien dauernden Bautätigkeit, welche ebenso religiös als patriotisch ist. Wie damals die Bürger des Gemeindebezirkes beschlossen haben – ein religiöses Denkmal zu erbauen und die Bausteine hieführ durch milde Gaben zu sammeln zur ferneren und immerwährenden Erinnerung an die glorreiche Regierung Seiner Majestät Kaiser Franz I., so sollte seinem Namenspatron zu Ehren dieses Gotteshaus benannt und dem heiligen Franziskus Seraphikus geweiht sein.“Der Kardinal wies sodann auf die dem österreichischen Kaiserhause angestammte christliche Nächstenliebe und Barmherzigkeit hin, auf das Verständnis für monumentale und würdige Bauten von Kirchen und sagte, dass besonders eine Pfarrkirche dem geistigen Wohle der Menschheit diene. Er werde in dem heiligen Zeichen des Kreuzes als Bischof den Grundstein legen mit dem Wunsche, dass der Schutz des Allmächtigen über dem Monarchen und dem gesamten Kaiserhause walte. (…) Der Heiland wolle hier seine Herrschaft erweitern, in jener Stadt, in welcher der Kaiser das Machtwort gesprochen habe: „Die Linienwälle sollen fallen.“ Dies sei die erste Pfarrgemeinde, die über die Grenzen der Linienwälle hinaus ausgedehnt werden soll. Das Kreuz wird fortfahren, am Altar dieser Pfarrkirche die Herrschaft des Heilands Jesus Christus zu entfalten. (…)

Hierauf begann der kirchliche Teil der Feier. Während die Geistlichkeit die Psalmen rezitierte, nahm der Kardinal-Fürsterzbischof die Weihe des hinter dem Altare in einem Pflanzenhain aufgerichteten Holzkreuzes und sodann die Weihe des Grundsteins vor. Sodann wurde der Stein von in altdeutsche Tracht gekleideten Bauleuten in die Öffnung versenkt und dort eingemauert. Auf die diesbezügliche Bitte des Statthaltereirates Baron Marx ergriff der Kaiser den ihm von Baurat Wielemans dargereichten silbernen Hammer und vollführte die üblichen drei Hammerschläge. (…) Danach ließer sich vom Statthalter das Gipsmodell der neuen Kirche erklären. Unter den brausenden Hochrufen des Publikums fuhr der Kaiser nach der Hofburg zurück.

 

Das Gipsmodell der Kirche von der Grundsteinlegung befindet heute im Wien Museum. Es ist 118 cm hoch, 101 cm breit und 77 cm tief.